Direkt zum Hauptbereich

All die Wege

 Eines wird sich nie ändern, egal wie alt ich werden. Ich liebe es, die ersten Fussstapfen im frisch gefallenen Schnee zu machen. Das Knirschen unter meinen Füssen zu hören. Die erste zu sein, die eine neue Spur hinterlässt. Im Wissen, dass man sie bald nicht mehr sehen wird. Weil es entweder weitere Spuren geben wird oder der Schnee sie wieder verschwinden lässt. Und irgendwann wird das Ganze weggeschmolzen sein und nichts davon bleibt übrig. 

 

Und lustig doch auch, wie wir aber manchmal auf Wege anderer eifersüchtig sind. Also nicht wirklich, aber wir uns doch wünschen, dass es auch unsere Spuren sein können. Und doch müssten wir realisieren, dass es nicht gleich viel Spass macht, wenn der Weg schon vorgegeben ist. Der innere Trotz zu spüren, dass man eigentlich nicht hier lang gehen möchte, obwohl man halt einfach muss. 

 

Deshalb geniesse es umso mehr, von Zeit zu Zeit loszugehen, voller kindlicher Neugierde und zu schauen, wohin der Weg gehen könnte. Die erste Person zu sein, die ihn geht und auch zu spüren, dass niemand an deiner Seite diesen Weg gehen wird. 

Auch wenn du dann in einer Sackgasse ankommst, weil du merkst, dass dieser Weg nicht weiterführt oder auch nicht weitergehen soll, selbst dann die Aussicht zu geniessen und die erlangte Erkenntnis anzunehmen. Besonders dann, wenn die Enttäuschung gross ist, weil man dachte, auf einem «guten» Weg gewesen zu sein, so war es doch nicht derjenigen, der für dich vorbestimmt war. 

 

Das alles klingt so unglaublich abgeklärt, so spannend, so abenteuerlich. Natürlich weiss auch ich, dass «das Wege gehen», zu leben, oft auch frustrierend ist, anstrengend und so viel Unsicherheit mit sich bringt. Und niemand ausser einen selbst kann einem sagen, dass man richtig ist. Und meistens nicht mal wir können uns sicher sein, dass es so ist. 

 

Jeder Weg hat Abzweiger, Kreuzungen und Hindernisse. Oft scheint es, als würde dies nur für unser Weg gelten, als ob alle anderen auf Autobahnen neben uns vorbeirasen würden. Als ob sie genau wüssten, wohin es geht, als ob sie bereits eine Landkarte in der Hand hätten mit einem genauen Ziel. Und nein, auch alle anderen haben das nicht. Oder nur vermeintlich. 

 

Und das ist ja das Schöne und Frustrierende gleichzeitig. Diese Landkarten gibt es nicht, ein Lebens-Navigationssystem existiert nicht. 

Es gibt nur all die vielen Wege; die vorgepfadeten, die Autobahnen, die Seitenstrassen, die gemeinsamen, die einsamen. Aber eines haben sie gemeinsam: sie sind die Erfahrungen, die uns prägen, die unseren inneren Kompass bilden. 

 

Suche nicht im Aussen; nicht nach Norden, Süden, Osten oder Westen. Der Weg ist in dir, begehe ihn mit Zuversicht, Offenheit, Neugierde, ein bisschen Naivität und dem Wissen, dass alles was zählt ist, auf dem Weg zu sein. 

 

Alles Liebe,

Julia

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Ode an meine Zwanziger

Nur kurz vorab: Dieser Post wird keine Ode im klassischen Sinne, sondern eine, in meinem Sinne. So wie ich nämlich auch meine Zwanziger gelebt habe.    Ich stehe kurz vor meinen Dreissigern, nur noch einen Augenblick entfernt. Vor ein paar Jahren noch mein Endgegner, heute ist es eher eine Erleichterung. Die Zwanziger waren für mich eine Herausforderung zwischen Überleben, Kämpfen und Leben. Die Reihenfolge war hier frei wählbar, Episoden waren wiederkehrend und manchmal war es auch alles miteinander.    In den Zwanziger kann man alles tun, man sollte aber auch alles tun. Sich ausprobieren, reisen und Neues erleben. Am besten aber auch Geld verdienen, sich ein Standbein aufbauen und gleichzeitig in die Zukunft schauen. Alte Kontakte pflegen und neue Menschen kennenlernen, und vor allem auf eigenen Beinen stehen.  Ich nahm das sehr ernst. Vielleicht oft auch zu ernst. Ich habe mich mental an diesen Vorstellungen festgehalten und wurde erst frei, als ich all das l...

Löcher

Said we′ve got holes in our hearts We've got holes in our lives We′ve got holes, we've got holes But we carry on Sang Passenger von der Bühne. Und ich mindestens so laut, aber ein bisschen weniger treffend, mit ihm. Im Regen, umgeben von vielen Menschen, und einer der wenigen Gedanken, die ich hatte, war, dass ich wieder schreiben will. Dass ich schreiben muss. Weil es sonst schade wäre um all die Gedanken, die gedacht, aber nie niedergeschrieben wurden. Denn dann wären sie nur noch Gedanken, die verloren wurden.    Ich habe die Angewohnheit, dass ich während des Schreibens nie unter Menschen bin, die ich kenne. Ich habe keine Probleme an öffentlichen Orten zu schreiben, da bin ich anonym. Ich liebe es, wenn andere meine Texte lesen, wenn es sie berührt, wenn sie ein Stück davon für sie mitnehmen können. Aber bitte nicht vor meinen Augen. Vielleicht aus Angst, dass man da etwas sehen könnte, das ich nicht zeigen wollte.    Lebensumstände verändern sich. So war es auc...

Love it, change it or leave it

Wir kennen sie alle, diese tollen Sprüche, die irgendwo über einer Küchenzeile hängen oder ein Postkartensujet zieren. Wir stempeln sie unter Alltagsphilosophie ab, lesen sie mit einem Augenzwinkern und belächeln diese Phrasen, die wenig Tiefgang zu haben scheinen.   Aber sind wir ehrlich: Hätten sie nichts Wahres an sich, nicht einen Funken Gehalt, dann würden sie auch nirgends stehen.   Love it Ich glaube das wir dafür gemacht sind, herauszufinden, was wir lieben. Um anzukommen, um Heimat zu finden, um Zufriedenheit zu erleben. Wenn wir lieben, was wir tun, sind wir glücklich. Und wenn wir lieben, wer uns umgibt, fühlen wir uns getragen. Sind wir zu Hause. Liebe bringt uns zurück zu uns. Change it Ändere, was sich nicht (mehr) danach anfühlt, als sollte es so in dein Leben gehören. Streich dein Leben neu, zieh deine Gedanken um, bau deine Welt um. Niemand zwingt dich dort zu bleiben, wo du bist, ausser du selbst.   If you do, what you always did, you’ll get, what y...