Vor allem in meiner Jugend war ich oft laut. Akustisch. Habe mich versucht dadurch durchzusetzen, zu definieren. Ich war temperamentvoll und sobald meine Pubertät in vollem Gange war, war es mir von Weitem anzusehen, wie es mir geht. Hochjauchzend oder tiefbetrübt, ich lebte das ganze Spektrum voller Inbrunst, was nicht nur für mich unglaublich anstrengend war, sondern wahrscheinlich auch für mein Umfeld.
Das ist nun mehr als zehn Jahre her und es hat mich all diese Zeit gebraucht, um zu merken, dass man auch gehört wird, wenn man nicht «schreit», und dass man auch sich dann sein kann, wenn man Dinge tut, die so niemand von einem erwartet.
Und das wichtigste, dass ich für mich gelernt habe, ist Distanz einzunehmen zu demjenigen, das mich innerlich und auch äusserlich laut werden lässt. Mein emotionales Ich für einen Moment in die Pause zu schicken und mein rationales Ich sprechen zu lassen.
Oft habe ich Dinge bemängelt, ohne mir überhaupt davor überlegt zu haben, wie es denn hätte sein sollten, damit ich zufrieden bin oder es mir genützt hätte. Wie möchte ich es ändern, wenn ich nicht mal weiss, wie es sein sollte? Unzufriedenheit hat immer einen Ursprung, und vielleicht braucht es manchmal die Einsicht, dass dieser nicht in der Sache selber ist, sondern ganz woanders liegt.
Wenn man all seine Emotionen an eine Wand ruft, dann kommt nur das Echo zurück.
Aber wenn man seine Anliegen leise in den Wind flüstert, muss man genau hinhören,
um es wirklich zu hören. Und vielleicht erhalte ich dann eine Antwort.
Diese Gedanken sind mir vergangene Woche beim Spazieren durch den Kopf gegangen. Denn so wie ich es früher in den Wald rief, so kam es natürlich auch zurück. Als Pubertierende empfand ich das nur als Unverständnis, denn anstatt gehört und verstanden zu werden, war ich einfach nur laut. Und um ehrlich zu sein, kenne ich heute noch viele Erwachsene, die dasselbe praktizieren.
Aber ich kenne das von mir; wenn jemand sachlich, rational und ernsthaft mit einem Problem an mich herantritt, dann bin ich gewillter dieser Person zu helfen, als wenn mich da einfach nur eine Welle von Emotionen überflutet. Denn dann werde ich zum Echo; ich rufe so zurück, wie es auch an mich herangetragen wird.
So frage ich dich; möchtest du nur gehört oder auch verstanden werden? Möchtest du ein Echo oder eine Antwort erhalten? Spricht nur immer das emotionale oder auch das rationale Ich aus dir? Und wo liegt der Ursprung deines Problems wirklich?
Ich wünsche dir den Mut, dir diese Fragen zu beantworten. Es braucht Zeit, aber die Antworten kommen – ganz bestimmt.
Alles Liebe, Julia
Kommentare
Kommentar veröffentlichen