Direkt zum Hauptbereich

Anti-Fragilität

Ich habe vergangene Woche in einem Podcast das erste Mal vom Prinzip der «Anti-Fragilität» gehört. Und eigentlich war nichts davon neu, und trotzdem alles anders. Und genau deshalb wollte ich darüber schreiben.

Beginnen wir aber mal beim Gegenteil; der Fragilität. Da kommt mir als erstes immer eine Kartonschachtel mit einem Glas-Aufkleber in den Sinn, auf dem steht «Achtung zerbrechlich». Und wer zerbrechlich ist, ist verwundbar, abhängig, unselbständig. Vielleicht auch wie ein Kleinkind, dass die Welt nicht ohne andere meistern könnte. 

Das Gegenteil davon ist aber nicht die Anti-Fragilität, sondern eher die Resilienz. Das bedeutet nämlich, dass man robust bleibt und sich nicht unbedingt verändert, auch wenn man einen Schock oder Unerwartetes erfahren hat. Ich würde eine resiliente Person als widerstandsfähig beschreiben; als jemanden, der mit beiden Beinen fest im Leben steht. 

Noch einen Schritt weiter geht aber die Anti-Fragilität. Nicholas Taleb beschreibt dieses Prinzip folgendermassen: 
«Das Antifragile steht Zufälligkeit und Ungewissheit positiv gegenüber, und das beinhaltet auch – was entscheidend ist – die Vorliebe für eine bestimmte Art von Irrtümern. 
Antifragilität hat die einzigartige Eigenschaft, uns in die Lage zu versetzen, mit dem Unbekannten umzugehen, etwas anzupacken – und zwar erfolgreich -, ohne es zu verstehen.»

Die Anti-Fragilität besteht also nicht daraus, dass man nicht zerbrechen darf, sondern dass das, was Zerbrechen kann, nicht eine Angst in uns auslöst. Und falls es zerbricht, so ist es vielleicht wie ein Muskelstrang bei einem Muskelkater; einzelne Fasern müssen reissen, damit der Muskel wieder stärker zusammenwächst. Das macht unser Körper für uns, ohne dass wir es konkret verstehen müssen. Und obwohl vielleicht auch ein gewisser Schmerz den Prozess begleitet, so macht er uns zu einer «stärkeren» Person unser selbst, so hilft er uns, uns ins Positive zu entwickeln. 

Und auch wenn dieses Gefüge etwas wirr klingen mag, so bedeutet Anti-Fragilität Folgendes für mich: 
Geh mit Offenheit durch dein Leben und nimm die Chancen und Herausforderungen an, wie sie halt kommen. Niederlagen sind nicht dazu da, um deine Leistung zu mindern, sondern eher, um dir zu zeigen, wo du noch wachsen kannst. Versuch nicht immer, dass du alles verstehen musst, sondern vertraue auf die Aufgaben, die dir gestellt werden. Und vertraue vor allem darauf, dass du diese Aufgaben erfolgreich meistern wirst. 

Und ohne es bewusst zu wissen, wurde ich nach diesem Prinzip erzogen. Und dafür bin ich meinen Eltern unendlich dankbar, auch wenn ich es nicht immer leben konnte, wie sie es für mich vielleicht gewünscht hätten. 

Everything that tears, can grow back stronger. Alles was reisst, kann anschliessend wieder stärker zusammenwachsen. 

Alle Liebe, Julia

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Lately

Lately, I feel like lately 'Stead of heaven, I only see the sky But maybe, I mean maybe Oh, there′s got to be more to this life  (More to this life – M. Giesinger & M. Schulte) Ich bin im Trott. Zwischen arbeiten, Wäsche waschen, einkaufen und kochen, koordinieren und organisieren, differenzieren und reflektieren  und am Schluss noch schlafen. Viel schlafen. Ich treffe zu wenige von den  vielen Leuten, die ich so gerne mag. Weil ich nicht mag.  Ich bin im Individualisierungs-Burnout, weil mich die Masse erschlägt, und ich doch niemandem so richtig gerecht werde.  Instead of heaven, I only see the sky.  I treat the universe inside of me as if it was an ordinary world.  The fire inside of me doesn’t seem to burn as much as the fire around me.  Und doch scheint die Sonne jeden Tag neu.  Unermüdlich. Aussergewöhnlich. Zu selbstverständlich.  Wir schulden ihr nicht mal was dafür.  Der Frühling kommt ungefragt aber so ersehnt. ...

Love it, change it or leave it

Wir kennen sie alle, diese tollen Sprüche, die irgendwo über einer Küchenzeile hängen oder ein Postkartensujet zieren. Wir stempeln sie unter Alltagsphilosophie ab, lesen sie mit einem Augenzwinkern und belächeln diese Phrasen, die wenig Tiefgang zu haben scheinen.   Aber sind wir ehrlich: Hätten sie nichts Wahres an sich, nicht einen Funken Gehalt, dann würden sie auch nirgends stehen.   Love it Ich glaube das wir dafür gemacht sind, herauszufinden, was wir lieben. Um anzukommen, um Heimat zu finden, um Zufriedenheit zu erleben. Wenn wir lieben, was wir tun, sind wir glücklich. Und wenn wir lieben, wer uns umgibt, fühlen wir uns getragen. Sind wir zu Hause. Liebe bringt uns zurück zu uns. Change it Ändere, was sich nicht (mehr) danach anfühlt, als sollte es so in dein Leben gehören. Streich dein Leben neu, zieh deine Gedanken um, bau deine Welt um. Niemand zwingt dich dort zu bleiben, wo du bist, ausser du selbst.   If you do, what you always did, you’ll get, what y...

Ode an meine Zwanziger

Nur kurz vorab: Dieser Post wird keine Ode im klassischen Sinne, sondern eine, in meinem Sinne. So wie ich nämlich auch meine Zwanziger gelebt habe.    Ich stehe kurz vor meinen Dreissigern, nur noch einen Augenblick entfernt. Vor ein paar Jahren noch mein Endgegner, heute ist es eher eine Erleichterung. Die Zwanziger waren für mich eine Herausforderung zwischen Überleben, Kämpfen und Leben. Die Reihenfolge war hier frei wählbar, Episoden waren wiederkehrend und manchmal war es auch alles miteinander.    In den Zwanziger kann man alles tun, man sollte aber auch alles tun. Sich ausprobieren, reisen und Neues erleben. Am besten aber auch Geld verdienen, sich ein Standbein aufbauen und gleichzeitig in die Zukunft schauen. Alte Kontakte pflegen und neue Menschen kennenlernen, und vor allem auf eigenen Beinen stehen.  Ich nahm das sehr ernst. Vielleicht oft auch zu ernst. Ich habe mich mental an diesen Vorstellungen festgehalten und wurde erst frei, als ich all das l...