Es ist ja grundsätzlich nichts Neues, dass wir in einer leistungsorientierten Gesellschaft leben. Ob das nun gut oder schlecht ist möchte ich nicht beurteilen, das ist ganz alleine deine Meinung. Tatsache ist aber, dass Gefühle nicht unbedingt gewinnbringend sind, wenn es darum geht, Leistung abzurufen.
Ich versuche also mehrheitlich meine negativen Gefühle in Schach zu halten, versuch das Positive zu sehen, meinen Serotoninhaushalt zu fördern, indem ich Dinge tue, die mir Spass machen. Und wenn ich dann Dinge machen muss, die mir nicht so Spass machen, dann sag ich mir halt einfach, dass es nicht so schlimm ist. Ganz einfach. Oder?
Ich war mein ganzes letztes Wochenende unterwegs. Nicht weiter schlimm, das geht vielen so, «nöd wohr?». Ich mag Freiheit und die Möglichkeit, selber entscheiden zu können. Leider war dem für diese zwei Tage nicht ganz so. Daran war wiederum nichts schlimm, ich hatte auch Spass, aber es war trotzdem anstrengend. Und plötzlich merkte ich am Sonntagabend – ich war immer noch umgeben von einigen Personen – dass es plötzlich nicht mehr funktionierte, meine Fassade aufrechtzuerhalten. Mir ging es nicht schlecht, ich war weder traurig, noch deprimiert, aber ich war einfach erschöpft. Punkt.
Und was habe ich dann getan? Ich bin zwar schluchzend nach Hause gefahren (mich fragend, was mit mir eigentlich los ist), bis ich realisiert habe, dass das nun mal grad so ist, wie es eben ist. Und dann habe ich versucht, mir selber zuzuhören, meine Gefühle genauso zu lassen, sie zu akzeptieren und sogar ein bisschen willkommen zu heissen, wie ein guter Freund, der eben zu einem gehört. Und obwohl ich müde und erschöpft war, wurde das Gefühl von Überforderung, Erschöpfung und vielleicht auch ein bisschen Stress, weniger. Und ging irgendwann. Und es kam nicht wieder.
Ich möchte dir hiermit einfach sagen, dass niemand perfekt ist. Obwohl du es vielleicht weißt. Und viele schaffen es auch bei grösster Anstrengung die Fassade zu wahren. Schön. Ich konnte es nicht mehr, obwohl ich wollte. Und zu zeigen, wie es einem geht, war nicht schlimm. Seine Gefühle zu sehen, nicht nur zu akzeptieren, sondern auch willkommen zu heissen, tat mir gut. Und ich bin mir sicher, hätte ich mich abgelenkt, wäre das Gefühl immer wieder gekommen, weil es gesehen und gehört werden wollte.
Hör dir selber zu. Ab und zu. Heisse das willkommen, was im Moment ist. Als würdest du mit einem zweiten «ich» aufs Sofa sitzen. Und die Gefühle ziehen weiter, so wie sie es immer tun. Es ist also nichts Schlimmes daran, wenn Gefühle zu Besuch sind, die du nicht unbedingt eingeladen hast.
Also ja, ich bin alles andere als perfekt. Ich entschuldige mich zu viel, mache Problem anderer zu meinen und versuche auch oft meine Gefühle in Schach zu halten. Ich bin ein Mensch und manchmal schadet es auch mir nichts, mein Geschriebenes wieder zu lesen, weil ich es vergesse, wie es auch gehen könnte. Einfach zu deiner Beruhigung.
Und zum Schluss wünsche ich dir, dass du dir immer mal wieder die Zeit nehmen kannst, dir selber zuzuhören.
Alles Liebe, Julia
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